von Paul Sears und Jennifer Yellin
Jedes Mal, wenn ich in den Schlagzeilen ein neues Marketingkonzept eines Prominenten sehe, ist meine erste Reaktion Skepsis … „Schuster, bleib bei deinem Leisten – konzentriere dich lieber aufs Filmemachen“. Ich sollte ihnen jedoch einen Vertrauensvorschuss einräumen. Schließlich haben einige der Marken, die von Prominenten stammen, durchaus Potenzial für langfristigen Erfolg. Vor kurzem unterhielt ich mich mit einer guten Kollegin – Jennifer Yellin, Senior Vice President & U.S. Managing Director unserer Stagwell-Schwesteragentur HarrisX (früher Northstar Research Partners) – und wir stellten fest, dass Spirituosenmarken im Besitz von Prominenten in den letzten Jahren geradezu durch die Decke gegangen sind. Von George Clooneys Tequila „Casamigos“ bis hin zu Bob Dylans „Heaven’s Door“-Whiskey haben sich Dutzende neuer Wettbewerber in diesem Bereich angesiedelt.
Wir sprachen darüber, was eine prominente Spirituosenmarke mit echtem Ausdauerpotential von einer Marke unterscheidet, die sich lediglich als Eintagsfliege entpuppt. Unserer Meinung nach zeichnen sich erfolgreiche Marken durch eine Art Dreiecksverhältnis aus, d. h. durch eine authentische Übereinstimmung der Werte zwischen Prominenten, Produkten und Verbraucher:innen. Im Folgenden stellen wir einige der Marken vor, die alle drei Bereiche erfolgreich – bzw. weniger erfolgreich – miteinander verknüpft haben.
Um den Rahmen zu schaffen, sollten wir vielleicht mit einem Misserfolg beginnen. Über dieses Projekt wurde viel berichtet, und es taucht auf nahezu jeder Auflistung gescheiterter Prominenten-Kooperationen mit alkoholischen Getränken auf: Mariah Careys Fehltritt aus dem Jahr 2010 mit „Angel Champagne“. Zunächst klang die Idee nach einem großen Hit (Wortspiel beabsichtigt) – denn der „Singvogel Supreme“ ist für seinen glamourösen Lebensstil bekannt. Champagner und Glamour – passt doch perfekt, oder? Gleichzeitig gab sie jedoch zu Protokoll, dass sie die Sorte nicht einmal selbst konsumiere, da sie ihrem Hals schaden würde. Mit einem stolzen Preis von 1.500 US-Dollar pro Flasche und überwiegend schlechten Kritiken konnte sich die Marke kaum über Wasser halten, bis sie schließlich still und leise von der Bildfläche verschwand. Abgesehen von ein paar Interviews und den Initialen im Produktnamen scheint die Sängerin bei der Vermarktung kaum eine Rolle gespielt zu haben. Das war vielleicht auch besser so, wenn man bedenkt, dass sie es nicht einmal selbst trinken würde.
Im Gegensatz dazu sind viele andere prominente Persönlichkeiten jedoch äußerst erfolgreich gewesen. Zum Beispiel „Aviation Gin“. Im Jahr 2018 erwarb Ryan Reynolds einen Anteil und verkaufte ihn dann bereits 2020 an Diageo. Logisch, denn alles, was Ryan Reynolds anfasst, wird zu Gold – von „Deadpool“ bis hin zum Fußballclub AFC Wrexham. Auch Spirituosen machen da keine Ausnahme. Zunächst einmal hat er nämlich nicht nur investiert. Er übernahm gleichzeitig die Rolle des Werbegesichtes und konnte so seine charmante Ausstrahlung und seinen lässigen Humor in das Marketing einfließen lassen. Auf der Homepage heißt es von ihm: „Ich habe jeden Gin auf der Welt probiert, und Aviation ist mit Abstand der beste.“ Seine eigene Kreativagentur, Maximum Effort, gestaltet die Werbung. Und er selbst kümmert sich um die Produktplatzierung. Aviation Gin tauchte im Film „Deadpool 2“ auf, und seine Fußballmannschaft trägt das Logo sogar auf den Trikots. Es ist natürlich auch von Vorteil, dass das Produkt zudem wirklich gut ist – die Kundenrezensionen auf Drizly, einem Online-Portal für Alkohol, sowie bei anderen Verkaufsstellen sind durchweg positiv. Und mir schmeckt er auch, falls das zählt.
Der Trick liegt in der Ausrichtung der Werte. Reynolds lässt seine eigene Marke in das Produkt einfließen, wie Wacholder oder Kardamom. Wenn man sich die Dokumentation „Welcome to Wrexham“ auf Disney+ ansieht, stellt man erstaunt fest, wie viele Fußballfans sein humorvolles Feingefühl zu schätzen wissen – dieser Typ scheint echt ein Superheld zu sein. Genau diese Wirkung überträgt sich automatisch auf die Produktmarke. Die Website ist voll mit Videos, die die Geschichte zum Leben erwecken, und das Social-Team ergänzt sie mit Geschichten von Mitarbeiter:innen, Zutaten und Rezepten. Der Informationsdienst Contagious berichtete, dass Aviation in nur zwei Jahren seinen Umsatz um 540 % steigerte und den Gewinn verdoppelte, was zum allgemeinen Umsatzanstieg der Kategorie beitrug und zu einem Verkauf im mittleren dreistelligen Bereich an Diageo im Jahr 2020 führte. Von unbekannt zu unaufhaltsam – das Dreiecksverhältnis machte Aviation zu einem der Marktführer.
Auch Cardi B hat kürzlich auf ähnlich Art auf sich aufmerksam gemacht: mit Whipshots, einer mit Vodka versetzten milchfreien Schlagsahne. Beim Launch sagte Cardi B: „Whipshots passt zu meinem Style – ausgefallen, sexy, einzigartig … Whipshots ist wie Cardi in einer Konserve.“ Bei der Markteinführung im Jahr 2021 war nach den ersten Bestellungen im Online-Handel innerhalb weniger Minuten alles ausverkauft. Innerhalb eines Jahres lieferte die Marke laut dem Pressedienst PR Newswire mehr als 60.000 Kisten an 10.000 Einzelhändler in 23 US-Bundesstaaten aus. Die Werbevideos auf der TikTok-Seite von Cardi B wurden millionenfach aufgerufen und entfachten so die Leidenschaft zwischen der Musikerin, dem Produkt und den Verbraucher:innen.
Während Jennifer und ich uns auf unsere eigenen Schauspielkarrieren vorbereiten (Jennifer: „Ich bleibe bei Stand-up-Comedy!“), träumen wir natürlich auch von erfolgreichen Spirituosen-Launches. Unser Augenmerk liegt nun auf Brad Pitt, der in Cannes seinen neuen Gin „The Gardener“ vorstellte. Sein namhafter Destilliermeister betreut auch zwei seiner Weinkellereien. Ob dieser „wahre, gewagte und unerwartete“ Gin der französischen Riviera die gleichen Gefühle hervorrufen wird, die wir beim Anblick von Benjamin Button oder Moneyball hatten? Oder wird er einen Geschmack hinterlassen, den wir einfach nicht wiedererkennen? Die Zeit wird es zeigen.
Da wir bei Allison+Partners und HarrisX Marken entwerfen und entwickeln, sind wir von der Idee des Dreiecksverhältnisses geradezu besessen. Gemeinsam entwickelten wir V.I.T.A.L. – ein Rahmenkonzept, um die Werte von Kund:innen gezielt in die Strategie und den Marketingplan einer Marke einzubinden. Das „A“ in diesem Akronym steht für „Alignment“ (zu Deutsch: Ausrichtung) – die Fähigkeit des Marktes, die eigenen Werte im Handeln einer Marke zu erkennen.
Das Verständnis für die Ausrichtung zwischen Marken und Verbraucher:innen ist von zentraler Bedeutung für den Aufbau einer starken Marke, unabhängig davon, ob diese im Besitz einer prominenten Person oder einer Aktionärin bzw. eines Aktionärs ist. Es ist entscheidend, dass sich die Ziele, Wünsche und Werte der Endkund:innen in jeder Entscheidung der Marke widerspiegeln – von Produkten und Verpackungen bis hin zu Kooperationen und Werbeaktivitäten. Wir sind zwar kein Ryan Reynolds, aber dennoch wissen wir, dass die enge Beziehung zwischen den Verbraucher:innen und den von ihnen geliebten Marken dazu führt, dass diese Werte viel besser ausgerichtet werden können.
Erfahren Sie mehr über unsere Brand- und Engagement-Strategie: https://allisonbrand.agency
Paul Sears ist Managing Director für Brand & Engagement Strategy. Mit 20 Jahren Erfahrung im Bereich Werbung, Marken- und Marketingstrategie hilft Paul seinen Kunden dabei, ihren strategischen Fokus zu schärfen – auf Markenebene oder aber für einzelne Produkte und Kampagnen.
Jennifer Yellin ist Senior Vice President & Managing Director, US HarrisX/Northstar. Jennifer unterstützt seit fast 25 Jahren Kunden mit strategischen Marketingforschungsergebnissen, indem sie sowohl qualitative als auch quantitative Forschung durchführt, um die treibenden Kräfte für Verbraucherentscheidungen und -verhalten besser zu verstehen.